24 November 2012

Die Zukunft der Demokratie in Deutschland in den nächsten 10 bis 20 Jahren (Eine alte Politik Hausaufgabe)

Wenn man sich die Frage nach der Zukunft der Demokratie stellt, leiten sich daraus einige Fragestellungen ab, welche diese Frage konkretisieren.
Dabei stellt sich für mich zunächst die Frage, wie es um die Zukunft der Parlamente und Parteien, insbesondere im gesamtstattlichen Zusammenhang, steht.
Dabei zeichnet sich ab, dass seit etwa 1980 ein Trend bis heute anhält, welcher dazu führt, dass die großen Volksparteien (SPD, CDU/CSU) in der Tendenz stetig an Stimmanteilen verlieren, während die übrigen Parteien (FDP, Grüne, Linkspartei und Sonstige) an Stimmanteilen gewinnen. Damit zeigt sich, dass anscheinend zum einen alte Gesellschaftsmuster und Gesellschaftsverhältnisse langsam aufweichen, also eine inhaltliche Umorientierung der Bevölkerung stattfindet. Zum anderen wird hierdurch das strikte Muster im Verhältnis von Koalitionspartner aufgeweicht, welches bei Rot/Grün die Grünen als Mehrheitsbeschaffer, bei Schwarz/Gelb die FDP als Mehrheitsbeschaffer vorsieht. Ein Beispiel ist hierfür in der Grün/Roten Landesregierung von Baden-Württemberg zu finden, in der sich das oben beschriebene Verhältnis umgekehrt hat. In Bezug auf die Demokratie zeigt sich, dass das Land somit immer schwieriger zu regieren ist bzw. es sich neue Herausforderungen ergeben, weil es sich bei dem Muster Rot/Grün bzw. Schwarz/Gelb eine Routine und Koalitionssicherheit ergeben hat, die so nicht bei Koalitionen gegeben ist, die diesem Muster nicht entsprechen. Ein Beispiel hierfür findet sich in den zerbrochenen Landesregierungen von Hamburg (CDU, Grüne) und dem Saarland (CDU, FDP und Grüne).
Des Weiteren zeigt sich bei einer Betrachtung der Wahlbeteiligung, hier konkret bei Bundestagswahlen von 1949 bis 2005, dass es zwar keinen klaren Trend in eine Richtung gibt, aber die Beteiligungen von 1990 bis 2005 mit einem Schnitt von etwa knapp 80% deutlich unter dem Schnitt von 1953 bis 1987 von etwa 87,5 % lag und auch die Beteiligung bei der letzten Bundestagswahl 2009 mit 72,2% einen historischen Tiefstand erreichte. Somit zeichnet sich eine Tendenz in den letzten Jahren ab, welche dazu führt, dass die Politik und die Demokratie ein Problem ihrer selbst erhält. Zwar besteht bei Bundestagswahlen noch ein deutliches Polster zur 50% Marke, allerdings fällt dieses Polster bei Landtagswahlen und Kommunalwahlen deutlich geringer aus (Wahlbeteiligung Landtagswahlen Niedersachsen 2009: ≈ 57%; Kommunalwahlen Niedersachsen 2011: ≈ 53%). Wenn sich die Wahlbeteiligung in den nächsten 10 bis 20 Jahren weiter verringert, verliert die Demokratie in Deutschland den wesentlichen Stützpfeiler ihrer Existenz, woraus sich ein immer geringerer Rückhalt der politischen Entscheidungen ergeben kann. Diese führt entweder dazu, dass die Politik es schafft, das Interesse an Wahlen zu verstärken, oder dazu, dass die Politik Entscheidungen und Reformen nicht mehr nach dem politischen Programm bzw. Parteiprogramm trifft, sondern nach dem „spontanen“ Willen der Bevölkerung, ermittelt nicht durch Wahlen, sondern durch Meinungsforscher und Umfragen.
Anschließend an die oben getroffenen Betrachtungen schließt sich nun die Frage nach dem Verhältnis von Bürger zur Demokratie und zur Politik an. Zum einen sinken wie oben erwähnt die Wahlbeteiligungen auf ein Rekordtief, zum anderen mehren sich die Demonstrationen, wie zum Beispiel gegen Stuttgart 21 oder gegen die Atomkraft. Die Bürger scheinen der Politik und seinen Politikern immer weniger zu vertrauen und viele tun sich schwer, sich überhaupt einer politischen Partei zuzuordnen. Somit löst sich ein Demokratieverhältnis zwischen Politik und Bürger, in dem die Politiker, durch ihren Sachverstand legitimiert, über den Bürgern regieren und repräsentieren. Dadurch entsteht in gewisser Weise ein Vakuum, welches sich hier in vermehrte Demonstrationen und Aufbegehren des Bürgers ausdrückt. Dieses Vakuum müsste nun gefüllt werden durch die Umkehrung des sich nun auflösenden Verhältnisses, einem Regieren durch das Volk von unten herauf. Wenn dieses nicht durch vermehrte Volksentscheide oder andere Formen der direkten Einflussnahme des Bürgers auf die Politik geschieht, zum Beispiel durch eine Änderung des Verhältnisses zwischen Bürger und Abgeordneten und einer Lockerung des Fraktionszwanges, wird zum einen der Unmut des Volkes gegenüber der Politik immer größer und zum anderen wird das Land durch das Spannungsverhältnis zwischen Volk und Politik immer schwerer zu regieren.
Nun möchte ich noch auf den Einfluss des demografischen Wandels auf unsere Demokratie eingehen. Bis 2050 wird sich der Anteil der Menschen über 65 im Gegensatz zu den Menschen der arbeitsfähigen Generation und der Jugend beträchtlichen erhöhen (siehe Statistik (3)). Dieses wird Politik, Demokratie und Gesellschaft auf eine gewaltige Probe stellen, weil Rentner eine für die Parteien nun sehr interessante Gruppe darstellen, welche besonders auf bestimmte staatliche Leistungen bedacht ist. Dagegen wollen und können viele Angehörige der jungen Generation die Finanzierung der Alten nicht mehr tragen, was, wie in den beiden Filmen 2030 – Aufstand der Alten und 2030 - Aufstand der Jungen gezeichnet, zu Gewalt und Diskriminierung gegenüber Rentner führen kann. Die Nicht-Lösung dieses Problems wird die Demokratie massiv gefährden, weil sie zur Spaltung und Extremisierung der Gesellschaft führt, wobei die auf Wohlstand gebaute Demokratie erschüttet werden würde.
Wie wird die Zukunft der Demokratie in den nächsten 10 bis 20 Jahren also aussehen. Natürlich gibt es einige große Herausforderungen und Veränderungen, welche dazu führen werden, dass sich die Demokratie, so wie wir sie heute kennen zu einer anderen Demokratie wandeln wird. Allein das ist schon positiv, denn die schlechteste Demokratie, ist die, die nicht dem Sinn ihrer Zeit entspricht.